„SOCIAL PRESCRIBING“
28. März 2022
Unsere Botschafterin Maggy Blagrove schreibt darüber, wie das Schwimmen im Freiwasser als Alternative zu Medikamenten eingesetzt werden kann, um psych...
Kiki Watkin, Schwimmtrainerin bei Open Minds Active, erzählt, wie ihre Leidenschaft für das Schwimmen in kaltem Wasser begann und gibt nützliche Tipps für alle, die auch damit anfangen möchten.
Kiki Watkin, Schwimmtrainerin bei Open Minds Active, erzählt, wie ihre Leidenschaft für das Schwimmen in kaltem Wasser begann und gibt nützliche Tipps für alle, die auch damit anfangen möchten.
KIKI WATKIN - Open Minds Aktives Mitglied
WIE ALLES BEGANN
Was das Kaltwasserschwimmen und den Anfang meiner Winterschwimmleidenschaft angeht, gibt es diese eine besonders lebhafte Erinnerung, die mir in den Sinn kommt. Es war Spätsommer 2019 und ich war mit Freund*innen in der Lagune von Clevedon (Clevedon Marine Lake) in der Nähe von Bristol schwimmen. Es war ein wunderschön warmer Tag Mitte September, nachts wurde es langsam wieder etwas kälter und die Dunkelheit begann sich in die Morgen- und Abendstunden auszudehnen. Veränderung lag in der Luft. Wir waren gerade nach einer herrlichen Schwimmsession aus dem Wasser gestiegen, ich fühlte mich richtig glücklich, hatte ein Lächeln auf im Gesicht und war vollkommen in den Moment eingetaucht. Dann Sarah sagte: „Lass uns Oktober und November so weitermachen, mal sehen wie lange wir es durchhalten. Vielleicht schaffen wir es ja sogar über den Winter!“ Ich grinste, nickte zustimmend und dachte: was für eine tolle Idee.
Bis zu jenem Zeitpunkt war ich nur im Frühling und Sommer draußen geschwommen und im Winter ausschließlich im Hallenbad. Um ehrlich zu sein, hatte ich bis dahin noch nicht sonderlich viele Gedanken ans Winterschwimmen verschwendet. Und – zack – drei Jahre später bin ich auf dem Weg in meine dritte Wintersaison, habe mich zur Freiwassertrainerin ausbilden lassen und vermittle Freiwasserschwimmen im Rahmen von ganzjährigen „Social Prescribing“-Projekten.
Diejenigen, die mich schon länger kennen, wissen, dass die kalten Monate nicht meine beste Zeit sind. Ich schaffe es gerade so, die langen, dunklen Wintermonate zu überstehen und würde am liebsten wie eine Bärin Winterschlaf halten. Das Winterschwimmen hat das komplett geändert. Du kommst raus ins Freie, fühlst dich eins mit der Natur und hast das Gefühl, dass du alles bewältigen kannst, was dir das Leben entgegenwirft: „Ich bin bereit!“
WARUM WIR ES MACHEN
Die positiven Auswirkungen des Kaltwasserschwimmens auf unser Wohlbefinden und unsere psychische Gesundheit sind gut dokumentiert. Immer mehr Menschen ziehen eine Kaltwassertherapie in Betracht, um ihre Ängste, ihre soziale Isolation, ihre Depressionen zu lindern und auch um ihr körperliches Wohlbefinden zu verbessern. Britische Ärzt*innen verschreiben ihren Patient*innen Freiwasserschwimmen. Bei Open Minds Active führen wir den ganzen Winter über ein solches Programm durch und konnten soweit nur positive Veränderungen feststellen. Einer der vielen Wohlfühleffekte ist, dass kaltes Wasser unsere Reaktion auf Stress mildert. Das hilft uns dabei unseren Alltag entspannter anzugehen. Wir konnten miterleben, wie die Mitglieder, die an unserem Outdoor-Schwimmen teilnahmen, aufblühten, darüber neue Freundschaften schlossen, weniger auf Schlaftabletten angewiesen waren, ihr Selbstvertrauen zurückgewannen und eine dabei eine neue Fähigkeit erlernten. Die Resultate sind geradezu beeindruckend!
Es gibt viele Gründe, warum Menschen in der kalten Jahreszeit ins Wasser steigen. Falls du auch mit dem Gedanken spielst, dich diesen Herbst ins (sehr) kühle Nass zu wagen, gibt es einiges, was du dabei beachten solltest. Erstens: geh es langsam und vorsichtig an, es ist alles eine Frage der Vorbereitung. Sollte es dein erster Versuch sein, probiere es erstmal aus und schaue, ob es etwas für dich ist. Nimm immer eine*n Partner*in mit, eine der tollstem Seiten des Winterschwimmens ist das Gemeinschaftsgefühl. Überlege, wer in deiner Gegend vielleicht Lust hätte, dich zu begleiten. Du könntest deine eigene Gruppe gründen oder dich nach lokalen Schwimmgruppen umsehen. Facebook ist ein guter Ort um damit zu beginnen.
VORBEREITUNG
Das Wichtigste beim Kaltwasserschwimmen ist die Vorbereitung. Es empfiehlt sich, ein Ritual zu schaffen, etwas, das du immer tust, bevor es losgeht, z. B. eine Tasse Tee/Kaffee/Kräutertee zubereiten, etwas zu essen oder etwas zum Mitnehmen vorbereiten. Mein wichtigstes Ritual ist meine Wärmflasche zu füllen. Ich wickle sie danach in mein Handtuch und wenn ich aus dem Wasser rauskomme, ist mein Handtuch warm – himmlisch! Damit wärme ich dann meine Nieren. Eine Wollmütze ist unverzichtbar. Ich habe auch einen Bauchwärmer, ein sogenannter Hari Maki, der für mich von unschätzbarem Wert ist. Da mir schnell kalt wird, nehme ich etwas mit, worauf ich mich beim Umziehen stellen kann. Eine Gartenmatte eignet sich gut, oder eine wasserdichte Tasche. Das hilft die Füße warm zu halten – der Boden ist im Winter eisig. Außerdem ist es sinnvoll, deine Klamotten in der Reihenfolge zu bereitzulegen, in der du sie wieder anziehen willst. Für den Fall, dass es regnet, ist es klug, eine Abdeckung mitzunehmen, damit deine Kleidung trocken bleibt, während du im Wasser bist. Mädels, macht euch nicht die Mühe fummelige BHs wieder anzuziehen, das lohnt nicht die Mühe! Auch keine Leggings, denn die lassen sich hinterher nur schwer anziehen. Die Kleidung sollte locker, warm und bequem sein. Apropos Kleidung: ein Bademantel ist eine prima Investition. Es gibt inzwischen eine ganze Reihe verschiedener Marken, und es lohnt sich allemal, wenn man den Winter draußen schwimmen will.
WAS ZIEHE ICH IM WASSER AN?
Some Manche packen sich von Kopf bis Fuß in Neopren ein, andere tragen nur ihre Schwimmsachen. Ich persönlich ziehe zum Winterschwimmen keinen Wetsuit an. Allerdings trage ich eine Thermo-Schwimmkappe, da man viel Wärme über den Kopf verliert. Wenn das Wasser weniger als 10 Grad hat, trage ich Neoprenhandschuhe und -stiefel, mir schmerzen meine Finger und Zehen sonst zu sehr. Mit diesen Thermo-Accessoires wird das Schwimmen gleich viel angenehmer.
WIE SOLLTE ICH INS WASSER GEHEN?
Steig langsam ins Wasser – reinspringen gibt’s hier nicht. Atme ruhig, leg dich auf den Rücken, lass dich etwas treiben. Nimm ein paar tiefe Atemzüge, sobald du ganz im Wasser bist. Unterschätze nicht den Kälteschock, der dich sofort nach Luft schnappen lässt und deinen Körper unter Stress setzt. Diese Stressreaktion lässt langsam nach, umso mehr du dich an die Kälte gewöhnst. Aber gehe es immer gemächlich an und höre auf deinen eigenen Körper, vergleiche dich nicht mit anderen. Wie lange du es im Kalten aushältst, hängt von vielen Faktoren ab: von deinem Körper, davon wie müde du bist, ob du gegessen hast, ob du deine Periode hast, ob du verkatert bist. Das sind nur einige der Variablen, die es neben Umweltfaktoren wie Wetter, Windchill-Effekt und Temperatur, zu beachten gilt.
WIE LANGE SOLLTE ICH IM WASSER BLEIBEN?
Das ist die ewige Frage beim Winterschwimmen. Wie lange kann ich im Wasser bleiben? Hierzu existiert keine feste Regel, kann sein, dass du etwas hörst wie „eine Minute pro Grad“. Jeder Mensch anders ist, du bist einzigartig, die Zeit, die man im Wasser verbringt, ist von Person zu Person unterschiedlich. Fang behutsam an, schau, wie du dich fühlst und steigere deine Zeit schrittweise. Das Eintauchen ins kalte Wasser hilft dir, deinen Körper kennenzulernen und zu verstehen, wie er auf die Kälte reagiert. Du wirst merken, wo deine Grenzen liegen. Du wirst spüren, dass Teile von dir weh tun, von denen du nicht wusstest, dass sie überhaupt schmerzen können. Als Faustregel gilt: Zwing dich nicht länger im Wasser zu bleiben, als du solltest, und verlasse das Wasser immer mit Lust auf mehr.
DEN WINTERBLUES BESIEGEN
Zu Beginn meiner dritten Winterschwimm-Saison habe ich festgestellt, dass ich den Winter nicht mehr so fürchte wie früher. Ich vermisse zwar immer noch das Sonnenlicht, aber wer vermisst das nicht? Wenn ich im Winter schwimmen gehe, stehe ich früher auf, kann Sonnenaufgänge, Sonnenuntergänge und Mondaufgänge vom Ufer aus und vom Wasser aus erleben. Ich teile das mit gleichgesinnten Freunden und habe jede Menge neuer Schwimmbekanntschaften gemacht, mit denen ich viel Kuchen gefuttert habe und mich im Winter glücklicher fühle. Ich habe unglaublich freudige Momente mit Freunden und Fremden geteilt, aber auch Kummer – all das kommt im Wasser zum Vorschein. Ich garantiere dir, wenn du ins Wasser steigst, betrittst du ein Reich, in dem Veränderung unvermeidlich ist. Man verlässt das Wasser als eine bessere Version von sich selbst, die besser in der Lage ist, das tägliche Leben zu meistern. Aber im Ernst, glaub nicht mir, sondern probiere es selbst aus. Es ist so toll, dass Hausärzt*innen [in Großbritannien] das jetzt verschreiben. Wer hätte das kommen sehen?
ÜBER KIKI WATKIN
Kikis Liebe zum Schwimmen begann schon in sehr jungen Jahren. Sie trainierte mit Olympionik*innen und nahm an Wettkämpfen auf Bezirks- und Landesebene teil – Schwimmen war schon immer ihre große Liebe. Sie empfindet das Schwimmen in der freien Natur als aufregend, befreiend und prägend für ihre Persönlichkeit. Sie leitet das Open Minds Active Wild Swimming Social Prescribing Programm und bietet Kurse für Schwimmanfänger*innen an.
ÜBER OPEN MINDS ACTIVE
Open Minds Active ist eine soziale Organisation mit Sitz in Bristol, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, das geistige und körperliche Wohlbefinden aller Menschen mithilfe von Freiwasserschwimmen und Naturerlebnissen zu fördern, indem eine tiefere Verbindung zwischen Mensch und Natur angestrebt wird.
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